steirischer herbst 2007
Kurier - 24.09.2007
Vollklimatisierte Räume für Luftballons
Die kritischen Weltverbesserer sind wieder am Zug, wie die aktuellen Kunstausstellungen in Graz zeigen.

Wenn Widersprüche offen zu Tage treten, gibt es Hoffnung auf Veränderung. Beim Steirischen
Herbst ist das so.
Abgründe tun sich auf. Chaos heißt die Richtung. Gut so. Auch wenn noch manches auf etwas
tiefem Niveau grundelt, ist zu bemerken: So anregend wie in diesem Jahr waren die
Kunstausstellungen des Festivals schon lange nicht mehr.
Das Generalthema sind die Ungerechtigkeiten dieser Welt. Ein Teil der Menschheit lebt aktuell
in extrem misslichen Umständen, ein anderer im Überfluss. Millionen Kinder leisten Schwerarbeit,
Millionen Menschen hungern, Millionen Menschen sind auf der Flucht.
Das weiß man alles nicht erst seit heute, und es bestreitet auch niemand. Aber vom Vereinsgebundenen
Umweltschützer bis zum tatsächlichen Energiesparer ist ein weiter Weg.
Das gilt auch für Künstler. Der Kunstmarkt prägte die Floskel von der Aktie an der Wand, und
Künstler bedienten einen boomenden Markt. In der Folge wurden viele bunte Bilder gemalt.
Jahrelang galt sozialkritische Kunst als vorgestrig, uncool, etc...
Weltverbesserer und Gutmensch wurden zum Schimpfwort.

Das ist jetzt vorbei. Nicht nur in Kassel, wo eine düster anmutende, nicht marktorientierte
documenta ihre Pforten am vergangenem Wochenende mit einem Rekord (erhofft: 750.000
Besucher) geschlossen hat.
Gesellschaftskritisch gibt sich auch der Steirische Herbst. Und noch stärker als beim deutschen
Großkunstfestival documenta treten hier die Fehler des Systems zu Tage.
Etwa im Kunsthaus. Das postmoderne Gebäude, geplant von den Londoner Architekten Peter
Cook und Colin Fournier, ist ein extrem gieriger Energiefresser. Ohne die Klimaanlage auch bei
nur 24 Grad und Beleuchtung selbst am helllichten Tag geht hier gar nichts.
Auch wenn dann dort sozialkritische Kunst präsentiert wird, wie etwa mehrsprachig bedruckte
Luftballons von Johann und Helmut Kandl in der Schau "Volksgarten. Die Politik der
Zugehörigkeit", in der es um Fragen der Integration geht. Die Luftballons sind nicht der einzige
Beitrag, der keine besonderen konservatorischen Bedingungen benötigt in dieser insgesamt, wie
auch von allen einzelnen Beiträgen gesehenen interessanten Ausstellung.
Auch wenn dann dort sozialkritische Kunst präsentiert wird, wie etwa mehrsprachig bedruckte
Luftballons von Johann und Helmut Kandl in der Schau "Volksgarten. Die Politik der
Zugehörigkeit", in der es um Fragen der Integration geht. Die Luftballons sind nicht der einzige
Beitrag, der keine besonderen konservatorischen Bedingungen benötigt in dieser insgesamt, wie
auch von allen einzelnen Beiträgen gesehenen interessanten Ausstellung.

Die dritte Schau im Grazer Kunsthaus ist einem an seiner Lebensgier gescheiterten Künstler
gewidmet: "Modell Martin Kippenberger. Utopien für alle" ist eine monografisch angelegte
Ausstellung mit Kunst, die revolutionär gemeint war und nur in kleinen Teilen so gelungen ist.
Das Zentrum der kritischen Ausstellungen findet man mit "Un/Fair Trade. Die Kunst der
Gerechtigkeit" in der Neuen Galerie.
Kunst und Wissenschaft werden hier mit einander verflochten. Eindrucksvolle Fotos und
interessantes Zahlenmaterial berichten von Ungerechtigkeiten dieser Welt, inklusive einiger
Verbesserungsvorschläge. Es geht auch um gerechten Tausch und um gerechten Handel.
Dass sich ausgerechnet hier so manche Banalität eingeschlichen hat, fällt unter Kunstfehler, die
passieren. Bei einer insgesamt sehr fortschrittlich konzipierten Ausstellung durchaus verzeihlich.

Henriette Horny



20/09 - 14/10/2007
steirischer herbst
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