steirischer herbst 2007
Kleine Zeitung - 13.10.2007
Viel junges Volk und ein Tummelplatz
Intendantin Veronika Kaup-Hasler zeigt sich sehr zufrieden mit ihrem zweiten "steirischen herbst". Anlass auch für uns, kritisch zu bilanzieren.

Der Auftakt war kein gutes Omen: "Much Ado About Nothing", hätte  wohl William S. getitelt, der Kritiker der Stratford-upon-Avon-Post.  Viel Lärm wie beim "Staalplaat Soundsystem" in der ListHalle war  jedoch nicht die Sache des übrigen heurigen "herbstes", im Gegenteil:  Manchem war es sogar zu leise. Zum Glück aber sind die Zeiten passé,  da man die Resonanz auf das Künstlerische auf der nach oben offenen  Erregtheitsskala maß. Unser Resümee:  

Theater & Co   

"That Night Follows Day" von Tim Etchells über das Lebenskorsett  von Kindern geriet zum be(d)rückenden Abend, das "Theater im Bahnhof"  polierte auf den Reininghausgründen seine Marke "scharf und schräg".  Das Spiel mit der Camera Obscura von "Orthographe" zählte zu den vielen spannenden Kleinereignissen, das "Natur Theater of Oklahoma"  bot einen PointenMarathon mit Durchhängern für die Next Generation.  Zu kopflastig Gerhild Steinbuchs "verschwinden", den Mantel des  Schweigens über "reportable portraits".   

Zum Höhepunkt für viele geriet der "Schwarzmarkt". Der  Wissensbasar mit einer illustren Schar von "käuflichen"  Gesprächspartnern war eine jener vielen Veranstaltungen, die das  Festivalmotto "Nahe genug" inhaliert hatten. Freilich hat sich Hannah Hurtzigs Projekt schon andernorts vielfach bewährt.

Bildende Kunst   

Die Schau "Un/Fair Trade" in der Neuen Galerie schärft gekonnt den  Blick auf die aus der Balance geratene Ökonomie und Politik in Zeiten  der Globalisierung. Ebenfalls stark: das Kunsthaus mit seinem Gang in  den "Volksgarten" samt Interventionen im öffentlichen Raum, der Grazer Kunstverein mit der Darstellung von Visionen und was davon übrig bleibt ("Die Blaue Blume") und die Hinterfragung von  Technologien im Medienturm ("Active Agents"). Und dass Retrospektiven  nicht unbedingt vom Archivstaub getrübt sein müssen, zeigt das Stadtmuseum mit seiner Aufarbeitung von 40 Jahren "steirischer  herbst" ebenso wie die GPS-Hörtour.   

Musik & Literatur

Mit Friedrich Cerha und Emil Breisach standen zwei  "herbst"-Altmeister im Zentrum des 40. Geburtstags des  "musikprotokolls". Ehrenhaft, aber wenig originell. Bwährt  Feinsinniges lieferten wieder "junge Alte" wie Olga Neuwirth, Beat  Furrer und Georg Friedrich Haas, sonst Herausragendes musste man  allerdings mit der Lupe suchen. 

In der Literatur begeisterten die "Hausbesuche" von Autoren, eine  zeitgemäße Renaissance des literarischen Salons.   

Erfreulich (nicht nur) für Kaup-Hasler, dass sich "das Publikum  stark verjüngt hat". Besonders war die Frischluftzufuhr im "Theatre"  zu spüren, das übrigens ab Mai 2008 in der "Tate Modern" in London  aufgestellt wird. Das temporäre Festivalzentrum, in dem sich  Kaup-Haslers Vision des "herbstes" als "stark belebter sozialer Raum"  exemplarisch erfüllte, war vor allem mit Jungvolk stets bestens besucht. Den Karmeliterplatz hätte man jedenfalls getrost in Tummelplatz umbenennen können.

ZITAT: "Der große Gestus ist uns gelungen. Vieles ist auch nicht  aufgegangen, aber das gehört bei einem produzierenden Festival dazu."    Veronica Kaup-Hasler

Die Kulturredaktion



20/09 - 14/10/2007
steirischer herbst
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